Mann und Frau füttern sich gegenseitig mit Tomate

Personalisierte Ernährung: Was steckt hinter dem Trend?

Ob Gen-Diät oder Stoffwechselanalyse: Das Netz ist voll von Weisheiten und vermeintlichen Geheimrezepten zum Thema personalisierte Ernährung. Was meinen Experten dazu, wie personalisiert sollte es sein und wo verläuft die Grenze zur Geschäftemacherei?

Die personalisierte Ernährung gehört in diesem Jahr zu den wichtigsten Trends in Sachen Essen und Gesundheit. Zentrale Annahme dieses Konzepts: Jeder Körper hat ganz individuelle Bedürfnisse, wenn es darum geht, sich durch die richtige Ernährung fitter zu fühlen und überflüssige Kilos loszuwerden. Allgemeine Empfehlungen für den Organismus gibt es demnach also nicht.

Die individualisierten Ernährungskonzepte basieren dabei meist auf Analysen des Stoffwechsels, Gesundheitszustandes, Lebensstils, der persönlichen Vorlieben oder sogar des genetischen Profils. Bei der Umsetzung im Alltag unterstützen Apps oder andere Internetangebote, die maßgeschneiderte Rezept-, Verzehrs- und Produktempfehlungen zusammenstellen. Oft verkaufen Anbieter zudem noch angeblich benötigte Nahrungsergänzungsmittel. Aber was bringen diese Angebote wirklich?

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Jeder Mensch is(s)t anders

Der These, dass für jeden Körper etwas anderes gut ist, stimmt Ernährungswissenschaftler Uwe Knop zunächst zu: "Es gibt so viele gesunde Ernährungsformen, wie es Menschen gibt. Denn: Jeder Mensch is(s)t anders." Durch die kursierende "Ernährungspropaganda" mache man sich laut Knop aber viel unnötigen Stress: "Man verliert den inneren Draht zu sich selbst." Das würde letzten Endes nur in Frust statt in einem gesunden Körper enden.

Daher sieht der Ernährungswissenschaftler unter anderem auch die viel beworbenen, sogenannten DNA-Diäten kritisch. Es sei nicht wissenschaftlich bewiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Genen und Ernährung bestehe.

Dass DNA-Diäten mit Vorsicht zu genießen sind, bestätigt auch Susanne Klaus vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) im Online-Magazin "Quarks": Laut Klaus fehlten bislang verlässliche Belege, dass für normale Verbraucher eine individualisierte Ernährung auf Grundlage von Gentests vorteilhaft wäre. Zudem könnten aus Gentests keine eindeutigen Vorhersagen getroffen werden.

Ein Vorteil wird den Tests jedoch eingeräumt: Sie können die Motivation zur Verhaltensänderung steigern. Das zeigt eine Umfrage der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zur personalisierten Ernährung. Insgesamt stimmten 47 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass sie sich durch personalisierte Ernährungsempfehlungen vermutlich besser und gesünder ernähren würden.

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Sind Gentests sinnvoll?

Trotz aller wissenschaftlichen Unsicherheiten werden Gentests jedoch zum Kauf angeboten. "Das sind unseriöse Angebote, das Geld kann man sich sparen", lautet das Fazit von Uwe Knop. Auch auf Nahrungsergänzungsmittel könne man in der Regel verzichten. "Wir leben in einem Schlaraffenland und haben eine riesige Palette an frischen, gesunden Lebensmitteln. Mehr braucht es nicht", so Knop.

Wenn jemand jedoch Hilfe in Anspruch nehmen wolle oder müsse, dann sei laut Knop das einzige sinnvolle Weg: der Austausch mit Beraterinnen und Beratern, die aus der Ernährungswissenschaft oder -medizin kommen. "Diese fachlich kompetent ausgebildeten Expertinnen und Experten könnten das individuelle Essverhalten einer Person am besten analysieren und wissenschaftlich fundierte, auf die Persönlichkeit maßgeschneiderte Tipps geben."

Den eigenen Körper verstehen lernen

Es gibt jedoch einen Berater, der letzten Endes unter allen der authentischste und kompetenteste ist: der eigene Körper. Ernährungswissenschaftler Knop rät deshalb zum sogenannten intuitiven Essen – quasi Ernährung nach Körper- und Bauchgefühl. "Hier findet übrigens auch ein Paradigmenwechsel in der Wissenschaft statt", erklärt Knop. "Und zwar weg von allgemeinen Pauschalempfehlungen hin zur intuitiven und personalisierten Ernährung."

Laut Uwe Knop geht es bei der intuitiven Ernährung darum herauszufinden, welche Lebensmittel einem guttun und darum, wieder "echten Hunger" zu spüren. Denn der spielt bei unseren Essensentscheidungen häufig längst nicht mehr die Hauptrolle. Vielmehr werden wir von Gewohnheiten, der Erziehung oder unzähligen verallgemeinernden Essensregeln wie beispielsweise "Abends keine Kohlenhydrate!" oder "Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages!" geleitet. Wir bewerten Lebensmittel, zählen Kalorien und haben verlernt, auf unseren eigenen Körper zu hören.

Das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg bezeichnet das intuitive Essen als eine Art "Anti-Diät". Demnach ist diese Ernährungsform keine revolutionäre Idee, sondern ein "Rückbesinnen auf das Wesentliche, auf die natürlichste Ernährungsweise". Es gehe eben nicht länger darum, sich ständig Gedanken um den eigenen Speiseplan zu machen – der Körper würde dann schon signalisieren, was er braucht.

Ernährung

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Keine Einteilung in gute und böse Lebensmittel

Und isst man nach Lust und Laune, bedeutet das nicht, dass man sich nur noch von Fast Food und Schokolade ernähren wird. Je länger man diese Form des Essens übt, desto häufiger wird der Körper signalisieren, welche Nährstoffe er braucht und was ihm guttut. Uwe Knop beschreibt ein Beispiel: "Nebenbei beim Fernsehen geht es schnell, dass man eine Tüte Chips isst und sich danach vielleicht träge fühlt. Aber würden wir auch so viel davon essen, wenn wir uns mit der Tüte an den Tisch setzen und die Chips bewusst genießen? Wahrscheinlich nicht."

Knop rät an dieser Stelle also zu einer "grundehrlichen Selbstreflexion" und zum Hinterfragen der eigenen Gewohnheiten. Man könne beispielsweise testen, wie lange es braucht, bis der echte Hunger kommt – und wirklich erst dann essen. Oder genau beobachten und ausprobieren, wie man sich nach welchen Lebensmitteln fühlt, anstatt sie grundsätzlich in Gut und Böse zu unterteilen. "Ernährung ist die schönste Hauptsache der Welt", so Knop, "wir müssen nur wieder lernen, die Signale unseres Körpers zu deuten." Der Genuss, die Geduld mit sich selbst und das Ablegen des eigenen, kritischen "Gesund-Gnoms" im Hinterkopf stünden dabei im Vordergrund.

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