Die Voraussetzungen könnten besser kaum sein: Noch nie war es um unsere Gesundheit so gut bestellt wie heute. Wie drastisch die Verbesserungen sind, zeigt sich besonders deutlich an der Kindersterblichkeit. Starb in Deutschland im 19. Jahrhundert noch jedes zweite Neugeborene vor seinem fünften Geburtstag, sind es heute weniger als vier Kinder pro 1.000 Geburten. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen.
Obwohl oder gerade weil die Voraussetzungen für ein langes Leben kaum besser sein könnten, erleben wir gleichzeitig einen Anstieg von typischen altersbedingten Krankheiten wie Diabetes Typ 2, Bluthochdruck oder Osteoporose. Deren Symptome lassen sich zwar behandeln, den mit dem Altern verbundenen körperlichen Verfall können Ärzte aber nicht aufhalten. Noch nicht.
Durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland
Damit nicht genug: Die Eltern eines 2022 in Deutschland geborenen Kindes können davon ausgehen, dass es im Schnitt 81 Jahre leben wird. Die weltweit höchste durchschnittliche Lebenserwartung haben Neugeborene aktuell mit 87 Jahren in San Marino, die niedrigste Lebenserwartung in Lesotho mit gerade einmal 53 Jahren (Quelle: Datenreport der Stiftung Weltbevölkerung 2022).
Ist ewiges Leben möglich?
Der Markt für Biomedizin und ihre regenerativen Methoden boomt. Eines der Zentren der Forschung liegt in Kalifornien. Im Silicon Valley investierten Technologieunternehmen wie Facebook, Google und Amazon allein im vergangenen Jahr 16 Milliarden US-Dollar in diesen Bereich. Ihre Vision scheint greifbar wie nie: das ewige Leben.
Wie das mit der Unsterblichkeit funktionieren soll? Die Ideen reichen von der Kryotherapie, dem Kältebad in flüssigem Stickstoff, über das Einfrieren bis hin zum Hochladen des Bewusstseins in die Cloud – mithilfe künstlicher Intelligenz, versteht sich. Am erfolgversprechendsten ist wohl aber die Forschung an der (Wieder-)Herstellung funktionsgestörter Zellen, Gewebeteile und Organe. Glaubt man Start-ups wie Calico, Oisín oder Unity Biotechnology, wird es in Zukunft möglich sein, die Zeit zurückzudrehen. Ein Mann könnte dann den Körper eines 35-Jährigen haben, obwohl er längst seinen 60. Geburtstag gefeiert hat.
Forschung an der Verlängerung des Lebens
Ein Großteil der regenerativen Medizin setzt auf Methoden der Stammzellenforschung. An sich ein vielversprechender Ansatz. Doch nicht alles, was in Ländern wie den USA oder China ausprobiert wird, darf auch hierzulande erforscht werden, Stichwort: embryonale Stammzellen. Aus diesen pluripotenten Zellen kann zwar jede beliebige Zelle im Körper entstehen, zum Beispiel Gehirn- oder Nierenzellen. Nur muss, um sie zu gewinnen, ein lebensfähiger Embryo zerstört werden. Neben der Zell- stellt auch die Gentherapie Mediziner vor schwierige ethische Fragen.
Weniger umstritten ist der Einsatz innovativer Ansätze in der Früherkennung altersbedingter Krankheiten. Ein Beispiel: Dr. Max Little von der Aston University in Birmingham analysiert große Mengen an kurzen Sprachaufnahmen, um erste Anzeichen von Parkinson zu entdecken. Mithilfe von Mustererkennung ist es der Parkinson’s Voice Initiative möglich, auffällige Abweichungen der Stimme auszumachen, die Hinweise auf ein Absterben bestimmter Nervenzellen im Gehirn liefern. An der Studie teilnehmen kann jeder, der ein Smartphone mit Android-Betriebssystem besitzt.