Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall oder Blähungen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Stimmungsveränderungen und sogar Hautprobleme – wenn Sie eines oder mehrere dieser Symptome haben, kann Zöliakie eine mögliche Ursache sein.
Nach dem Pausenbrot, einem Teller Spaghetti oder dem Weizen-Bier grummelt der Bauch? Sie trinken immer mehr Kaffee, weil Sie ständig müde sind und fühlen sich zudem auch noch niedergeschlagen? Zöliakie, also Glutenunverträglichkeit, könnte dahinterstecken. Wir klären über Symptome, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten auf.
- Was ist Zöliakie?
- Zöliakie nimmt in Deutschland zu
- Was sind die Symptome bei einer Glutenunveträglichkeit?
- Diagnose von Zöliakie
- Welche Folgen kann Zöliakie langfristig haben?
- Zöliakie – was nun?
- Glutenhaltige Lebensmittel
- Was essen bei Glutenunverträglichkeit?
- Hat eine streng glutenfreie Ernährung Nebenwirkungen?
- Sind Zöliakie-Selbsttests für daheim sinnvoll?
- Glutenfrei als Lifestyle
- Zöliakie und Weizenallergie: Was ist der Unterschied?
Was ist Zöliakie?
Zöliakie ist der Fachbegriff für eine Autoimmunerkrankung, die durch Glutenunverträglichkeit ausgelöst wird. Dabei reagiert das Immunsystem überempfindlich auf Gluten – ein in vielen Getreidesorten, wie etwa Weizen, Dinkel oder Roggen, enthaltenes Klebereiweiß. Dieses löst eine Entzündung der Schleimhaut des Dünndarms aus, was zu vielfältigen Beschwerden führen kann. Eine Zöliakie kann aber auch ohne spürbare Symptome bestehen.
Die Unverträglichkeit ist kein neues gesundheitliches Phänomen und betrifft weit mehr als nur eine Randgruppe unserer Bevölkerung. Seit 1974 gibt es die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V. (DZG), die 2024 ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Gegründet wurde sie als Selbsthilfeorganisation von Eltern zöliakieerkrankter Kinder. Heute ist sie eine Institution für Betroffene jeder Altersgruppe in ganz Deutschland, zählt bundesweit 42.000 Mitglieder und ist Ansprechpartnerin für Mediziner und Ernährungsexperten.
Zöliakie nimmt in Deutschland zu
„Zwischen 800.000 und 900.000 Menschen in Deutschland gelten als zöliakiebetroffen und die Zahlen steigen. Damit ist Zöliakie alles andere als eine seltene Erkrankung. Fast jeder kennt jemanden, der an Zöliakie leidet. Im Vergleich zu ihrer Relevanz ist das Bewusstsein um die Krankheit und ihre oft dramatischen Folgen schwach ausgeprägt – sogar bei Ärzten. Hier müssen wir durch intensive Aufklärungsarbeit auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen einen Wandel erreichen“, meint Gunnar Höckel, hauptamtlicher Vorstand der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft e. V.
Da es keinerlei Medikamente gegen die Unverträglichkeit gibt, ist eine lebenslang strikt glutenfreie Ernährung der einzige Therapieansatz. Schon die Aufnahme geringster Spuren von Gluten können mit erheblichen gesundheitlichen Folgen verbunden sein. „Eine unerkannte Zöliakie birgt sogar das Risiko schwerer Folgekrankheiten wie Diabetes Typ 1, Osteoporose oder Krebs“, so Gunnar Höckel.
Auch das Nervensystem oder die Schilddrüse können betroffen sein, Schwindel und Bewegungsstörungen können ebenfalls als Folge einer Glutenunverträglichkeit auftreten.
Bei Erwachsenen kann sich die Zöliakie als Hautausschlag zeigen – in Form von brennenden und juckenden Bläschen, Rötungen, Ekzemen oder Quaddeln, die an Ellenbogen, Knie, Kopfhaut, Stirn und Rumpf auftreten.
Bleibt eine gewünschte Schwangerschaft aus oder kommt es zu einer Früh- oder Fehlgeburt, kann auch hier eine unerkannte Zöliakie die Ursache sein. Sowohl bei Frauen wie bei Männern ist es möglich, dass Glutenunverträglichkeit die Fruchtbarkeit beeinträchtigt.
Diagnose von Zöliakie
Einen ersten entscheidenden Anhaltspunkt auf eine Zöliakie liefert Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt ein Bluttest, der im Labor auf spezielle sogenannte Autoantikörper untersucht wird. Diese Antikörper lassen sich bei fast allen Zöliakie-Erkrankten finden, aber nur, so lange man sich noch nicht glutenfrei ernährt. Sind die zöliakiespezifischen Antikörper über der Norm oder positiv, wird bei Erwachsenen zur endgültigen Diagnosesicherung eine Magenspiegelung mit Dünndarmbiopsie durchgeführt.
Bei der endoskopischen Dünndarmbiopsie führt die Ärztin oder der Arzt eine Kamerasonde über Mund, Speiseröhre und Magen in den Dünndarm ein und entnimmt Proben der Dünndarmschleimhaut. Diese werden dann mikroskopisch untersucht, um festzustellen, ob es zu der für eine Zöliakie typische Rückbildung der Dünndarmzotten gekommen ist.
Welche Folgen kann Zöliakie langfristig haben?
Neben den spürbaren Symptomen führt die Glutenunverträglichkeit zu einer Entzündung im Dünndarm. Durch die chronisch entzündete Schleimhaut bilden sich die Dünndarmzotten zurück und der Nahrungsbrei kann nicht mehr in seine Bestandteile zerlegt werden. Man nimmt weniger Nährstoffe auf, sodass eine Unterversorgung, auch an Vitaminen und Mineralstoffen, die Folge ist.
Lassen Sie deshalb nach der Diagnose auch Ihre Werte für Eisen, Kalzium, Zink, Magnesium, Vitamin D oder B testen. Denn beispielsweise Eisenmangel führt zu einer Blutarmut (Anämie), bei der das Blut nicht mehr genug Sauerstoff transportieren kann, was zu Müdigkeit, Schwindel und sogar Haarausfall führen kann.
Zöliakie – was nun?
Wer an einer Glutenunverträglichkeit leidet, muss Gluten komplett meiden – und zwar für immer. Das ist derzeit die einzige Möglichkeit, eine Zöliakie zu behandeln. Denn auch nach einem Abklingen der akuten Beschwerden führt jede neue Zufuhr von Gluten zu erneuten Entzündungen der Darmschleimhaut.
Eine glutenfreie Ernährung ist natürlich gerade zu Beginn eine erhebliche Umstellung. Darum ist es sinnvoll, eine Ernährungsberatung durchzuführen – Ihre IKK classic erstattet dafür die Kosten.
Glutenfreie Ernährung besteht idealerweise aus einer Mischkost, deren Nährstoffe Ihrem persönlichen Bedarf entsprechen. 10 mg Gluten pro Tag gelten als unbedenklich. Das sind jedoch nur wenige Krümel Brot oder ein kleines Stück einer Nudel. Deshalb ist es so wichtig, bei Fertiggerichten die Zutatenliste zu kontrollieren und auch geringe Mengen Gluten zu vermeiden.
Deshalb ist es nicht alleine mit einer glutenfreien Nahrungsmittelauswahl getan. Auch die Lagerung und Zubereitung hält neue Herausforderungen bereit, da Ihre Speisen nicht mit glutenhaltigen Lebensmitteln in Berührung kommen dürfen. In der Praxis bedeutet das: eigenes Geschirrtuch, eigene Kochlöffel und Brotmesser, eigene Backformen und eigener Toaster und die Arbeitsplatte vor jeder Nutzung sorgfältig säubern.
Was essen bei Glutenunverträglichkeit?
Eine glutenfreie Ernährung bedeutet für Betroffene nicht nur Verzicht. Es gibt eine Vielzahl an Getreiden und Pseudogetreiden, also Körner, die wie Getreide verwendet werden, auf die Sie zurückgreifen können. Auch Knollen, Nüsse und Früchte sind glutenfrei. Einige von ihnen werden vor allem als Pflanzenmehle verwendet. Folgende Lebensmittel sind bei Zöliakie unbedenklich, sofern sie nicht verunreinigt sind:
Hafer, Hirse oder Teff, Mais, Reis und Wildreis, Amaranth (Kiwicha), Buchweizen, Quinoa, Hanf, Hülsenfrüchte, Soja, Lupinen, Erdmandeln, Kartoffeln sowie Kartoffelstärke, Maniok bzw. Tapioka, Esskastanien, Kochbananen, Kokosnüsse, Nüsse, Leinsamen, Chiasamen und Traubenkerne.
Zu weiteren natürlicherweise glutenfreien Lebensmitteln (sofern sie nicht weiterverarbeitet und dabei verunreinigt wurden) zählen etwa Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Obst und Gemüse.
In Reformhäusern, Supermärkten und Discountern gibt es inzwischen eine Vielzahl weiterverarbeiteter Produkte, die mit "glutenfrei" gekennzeichnet sind. Sie können bedenkenlos verzehrt werden. Produkte, die das europäische Symbol der durchgestrichenen Ähre tragen, sind dabei am vertrauenswürdigsten. Sie unterschreiten den Grenzwert von 20 mg/kg Gluten und werden streng kontrolliert.
Hat eine streng glutenfreie Ernährung Nebenwirkungen?
Viele Menschen, die von Zöliakie betroffen sind, leiden bereits unter Mangelerscheinungen. Eine unausgewogene glutenfreie Ernährung kann den Nährstoffmangel noch verstärken. Achten Sie deshalb darauf, hochwertige Lebensmittel mit Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen zu essen und zu trinken. So versorgen Sie Ihren Körper beispielsweise ausreichend mit Vitamin B12, Folsäure, Eisen, Zink, Magnesium und Kalzium. Ballaststoffe sind ein wichtiger Bestandteil Ihres Speiseplans und in verschiedenen Samen, wie Hanfsamen oder Leinsamen, Vollkorngetreiden und Hafer enthalten. Auch Hülsenfrüchte, Gemüse, Nüsse, Trockenobst und frisches Obst sind wertvolle Nährstofflieferanten.
Fettarme Milchprodukte sind ebenfalls eine gute Wahl, denn sie enthalten Kalzium, das für die Knochen wichtig ist. Mageres Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte liefern Eisen. Wenn die Darmschleimhaut so stark geschädigt ist, dass nicht mehr genügend Nährstoffe aufgenommen werden, kann Ihre Ärztin oder Ihr Arzt Sie bezüglich einer Darmsanierung beraten.
Sind Zöliakie-Selbsttests für daheim sinnvoll?
Bei Verdacht auf eine Glutenunverträglichkeit können Betroffene mittels eines Bluttests selbst zuhause überprüfen, ob sie an Zöliakie leiden. Solche im Handel erhältlichen Selbttests werden immer häufiger angeboten, sind aber nicht zu empfehlen.
Die Gluten-Selbsttests weisen Antikörper gegen die Gewebetransglutaminase nach. Der Erkenntniswert der Selbsttests auf Gluten ist jedoch relativ gering. Daher können sie keinesfalls einen Arztbesuch ersetzen. Bei einer glutenfreien Ernährung vor Durchführung des Selbsttests, kann der Test trotz Erkrankung negativ ausfallen, da die Antikörper nur noch in sehr geringer Anzahl vorhanden sind. Der Schnelltest kann also in einem solchen Fall keine Entwarnung geben.
Zudem kann ein Mangel an IgA-Antikörpern vorliegen. Dabei liegen die Antikörper ebenfalls in so niedriger Konzentration vor, dass sie vom Test nicht erfasst werden können. Auch dann kann es der Fall sein, dass die Betroffenen trotzdem an Zöliakie erkrankt sind.
Glutenfrei als Lifestyle
Das Klebereiweiß Gluten ist in den vergangenen Jahren in Verruf geraten und mit "glutenfrei" gekennzeichnete Lebensmittel gelten inzwischen als Lifestyle-Produkte. Als "glutenfrei" gekennzeichnete Lebensmittel dürfen maximal 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm enthalten. Doch ist der Verzicht auf glutenhaltige Lebensmittel wirklich gesund?
Für gesunde Menschen hat eine glutenfreie Ernährung keinerlei gesundheitliche Vorteile – zumal sie mit großen Einschränkungen verbunden ist und die als "glutenfrei" gekennzeichneten Produkte oft wesentlich teurer sind. Laut einem Cochrane-Review könne eine glutenfreie Ernährung bei gesunden Menschen sogar zu einem erhöhten Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 führen.
Produkte aus hellem Weizenmehl zu meiden bzw. durch Vollkornprodukte zu ersetzen macht hingegen Sinn. Wer immer wieder unter Magen-Darm-Beschwerden oder Müdigkeit leidet, der sollte die Ursache ärztlich abklären lassen und bei Bedarf eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.
Zöliakie und Weizenallergie: Was ist der Unterschied?
Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die in jedem Alter ausbrechen kann und auf einer bleibenden Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten in verschiedenen Getreidesorten beruht.
Eine Weizenallergie ist eine krankheitsauslösende Abwehrreaktion des Körpers auf verschiedene Proteine im Weizen. Der Weizen löst dort, wo er hingelangt, Reaktionen aus: an der Haut, in der Lunge oder im Bauch. Eine Sensibilisierung über die Atemwege durch das Einatmen von Getreidestaub führt zum sogenannten Bäckerasthma, da eine Weizenallergie vor allem bei Bäckerinnen und Bäckern oft anzutreffen ist. Ansonsten kommt sie sehr selten vor, nur etwa einer von 1.000 Deutschen ist betroffen.
Bei einer Weizensensitivität kann der Verzehr von Weizen unter anderem Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder Gelenkschmerzen auslösen. Eine Weizensensitivität (Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität) ist eine Unverträglichkeit gegenüber Weizenbestandteilen, allerdings keine Allergie oder Autoimmunerkrankung. Um die fünf Prozent der Bevölkerung sind betroffen, die Ursache ist noch nicht geklärt, schuld ist aber vermutlich nicht das Gluten.