Die Besetzung offener Stellen ist für viele Unternehmen längst eine große Herausforderung. Die Folgen: verzögerte Abläufe, gefährdete Aufträge und eine überforderte Belegschaft. Gleichzeitig erschwert der Nachwuchsmangel die Zukunftsplanung vieler Betriebe. Der Druck wächst, doch es gibt Strategien, um dem entgegenzuwirken.
Fachkräftemangel im Handwerk: Die besten Tipps, um neue Fachkräfte zu finden
Der hohe Fachkräftebedarf gehört zum Alltag vieler Unternehmen in Deutschland dazu – auch im Handwerk. Was steckt hinter dem Fachkräftemangel im Handwerk und wie können Betriebe trotzdem Personal gewinnen? Wir beleuchten aktuelle Entwicklungen und liefern praktische Tipps.
- Fachkräftemangel in Deutschland: Aktuelle Zahlen
- Ursachen des Fachkräftemangels: Warum entsteht der Mangel an Personal?
- Fachkräftemangel im Handwerk: So macht er sich im Alltag bemerkbar
- Neue Fachkräfte für Ihren Betrieb: Praktische Maßnahmen
- Fachkräftemangel im Handwerk vorbeugen: Tipps für erfolgreiches Ausbildungsmarketing
- Erfolgreich ältere Fachkräfte anwerben
Fachkräftemangel in Deutschland: Aktuelle Zahlen
Der Fachkräftemangel in Deutschland belastet seit Jahren die Wirtschaft und bremst vielerorts das Wachstum. Nach Angaben der IW-Fachkräftedatenbank gab es 2024 insgesamt 1.243.510 offene Stellen, von denen 487.029 rechnerisch nicht besetzt werden konnten. Betroffen sind vor allem die Schlüsselbranchen: Soziales, Gesundheit, Handwerk und Technik. Besonders gefragt sind Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung, auf die über die Hälfte aller offenen Stellen (64,7 Prozent) entfällt.
Doch auch hier hapert es: Es wird immer schwieriger, Nachwuchs zu gewinnen. Die Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze hat sich seit 2014 fast verdoppelt – von 37.240 auf 69.395 im Jahr 2024.
Engpässe im Handwerk: Wo die Fachkräfte fehlen
Das Handwerk spürt die Auswirkungen des hohen Fachkräftebedarfs deutlich. „Aktuell gehen wir von rund 200.000 offenen Stellen im Gesamthandwerk aus“, sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH).
Laut der IW-Fachkräftedatenbank fehlen über 18.300 Fachkräfte in der Bauelektrik und mehr als 16.200 in Metall- und Elektroberufen wie der Kraftfahrzeugtechnik. Auch in anderen wichtigen Bereichen, etwa der Fleischverarbeitung, dem Gleisbau, der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie in der Augenoptik und Hörgeräteakustik sind die Engpässe gravierend.
Es gibt jedoch positive Entwicklungen: Denn die Zahl neuer Ausbildungsverträge im Handwerk ist in den vergangenen beiden Jahren gestiegen – entgegen dem Trend in der Gesamtwirtschaft, hebt Holger Schwannecke hervor. Ihm zufolge wurden 2024 über 131.000 neue Verträge abgeschlossen, auch dieses Jahr zeigt sich eine erfreuliche Tendenz. „Das zeigt, dass das Handwerk als Branche mit Zukunftsperspektiven wahrgenommen wird. Gerade in Zeiten von künstlicher Intelligenz und Automatisierung erkennen junge Menschen zunehmend den Wert handwerklicher Arbeit, nicht nur wegen der Sicherheit, sondern auch wegen der Möglichkeit, kreativ und sinnstiftend zu arbeiten. Handwerkliches Können wird auch absehbar nicht durch KI ersetzt werden können.“
„Es gibt schlicht zu wenige Schulabgängerinnen und -abgänger, von denen wiederum zu viele immer noch das Abitur und ein anschließendes Studium als den Königs-Bildungsweg betrachten“, erklärt der ZDH-Generalsekretär. Gleichzeitig fehle es vielen Jugendlichen an den nötigen Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen, was den Ausbildungserfolg gefährde.
Um gegenzusteuern, fordert Schwannecke die Einführung von Diagnosesystemen, die Förderbedarfe frühzeitig erkennen und Kompetenzlücken noch vor dem Schulabschluss schließen sollen. Außerdem sei eine praxisnahe Berufsorientierung notwendig – auch an Gymnasien – sowie die gesetzliche Verankerung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. So ließen sich "die beiden Wege auch gesetzlich-rechtlich endlich auf Augenhöhe bringen", sagt Schwannecke.
Daneben gibt es weitere Gründe für den Fachkräftemangel. Laut der Bundesagentur für Arbeit zählen dazu die zunehmende Automatisierung, die bestimmte Tätigkeiten verändert, regionale Unterschiede sowie die mangelnde Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber.
Die Arbeitgeberservices der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter unterstützen Betriebe bei der Suche nach passenden Fachkräften. Darüber hinaus beraten sie zu Themen rund um Qualifizierung, Weiterbildung und dem Nachholen von Berufsabschlüssen – über die kostenlose Hotline 0800 4 55 55 20 oder auf der Webseite der Arbeitgeber-Services.
Fachkräftemangel im Handwerk: So macht er sich im Alltag bemerkbar
Die Auswirkungen des hohen Fachkräftebedarfs sind im Betriebsalltag längst spürbar: „Termine verzögern sich, Wartezeiten werden länger und Aufträge müssen verschoben oder abgelehnt werden“, erklärt Holger Schwannecke. Für die Beschäftigten kann das teils eine Mehrbelastung bedeuten, um Auftragsspitzen bewältigten zu können.
Die Folgen treffen auch die Betriebe und Unternehmen selbst. Der hohe Fachkräftebedarf erschwert die Suche nach geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolgern, selbst für wirtschaftlich gesunde Betriebe und Unternehmen. „Schon jetzt ist ein stilles Sterben solcher Betriebe zu beobachten“, warnt der ZDH-Generalsekretär. „Damit droht, dass sich perspektivisch das Angebot handwerklicher Produkte und Dienstleistungen weiter verengt, was auch die Versorgung kritischer Infrastrukturen oder der täglichen Daseinsvorsorge gefährden kann.“
Auf dem Portal „Make it in Germany“ der Bundesregierung finden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber umfassende Informationen zur Gewinnung und Integration internationaler Fachkräfte – von Visum und Einreise bis zur Berufsanerkennung. Leitfäden, Checklisten und Tools unterstützen Sie dabei rechtssicher und praxisnah.
Fachkräftemangel im Handwerk vorbeugen: Tipps für erfolgreiches Ausbildungsmarketing
Die Ausbildung junger Menschen ist eine der nachhaltigsten Lösungen gegen den Fachkräftemangel. Doch wie überzeugt man die Gen Z von einer Karriere im Handwerk? Ob online oder offline: Mit einem modernen Ausbildungsmarketing können Betriebe und Unternehmen ein attraktives Image vermitteln und Talente anziehen.
Mit Schulen kooperieren und Praktika anbieten
Eine enge Zusammenarbeit mit Schulen durch Projektwochen, Bewerbungstrainings oder Schnuppertage bringt Betriebe direkt in Kontakt mit potenziellen Azubis. „Wer junge Menschen erreichen will, muss sichtbar sein, am besten frühzeitig schon in der Kita oder Schule“, sagt Holger Schwannecke. „Viele Jugendliche entscheiden sich nach einem Praktikum für eine Ausbildung, weil sie die Arbeit im Betrieb erleben konnten.“
Ausbildungsmessen besuchen – auch digital
Ausbildungsmessen sind eine wichtige Plattform, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Online-Formate wie „Bestjobever“ oder den digitalen Messestand zur Berufsorientierung der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main bieten zusätzliche Reichweite.
Social Media gezielt einsetzen
Das Handwerk bietet längst moderne Technik, abwechslungsreiche Aufgaben und echte Karrierechancen. Genau das sollten Betriebe zeigen. „Authentische Einblicke in den Berufsalltag auf Plattformen wie Instagram oder TikTok schaffen Nähe und wecken Interesse“, lautet der Tipp des ZDH-Generalsekretärs.
Kurze Videos zum Betriebsablauf oder Vorher-Nachher-Bilder von Projekten kommen besonders gut an. Noch besser: Lassen Sie Ihre Azubis selbst Inhalte erstellen – das wirkt authentisch und spricht Gleichaltrige direkt an.
Online-Bewerbung ermöglichen
Die Gen Z ist digital und sucht auch online nach Ausbildungsplätzen. Eine unkomplizierte Bewerbung per E-Mail oder über ein einfaches Online-Formular ist daher erfolgversprechend. „Auch eine Ausbildungs- und Karriereseite auf der Betriebshomepage mit der Möglichkeit, sich niedrigschwellig zu bewerben, ist ein erfolgversprechender Ansatz“, empfiehlt Holger Schwannecke.
Interaktive Elemente wie ein Quiz zum Ausbildungsberuf oder zu den persönlichen Stärken und Schwächen können zusätzlich spielerisch Interesse wecken.
Eigene Angestellte einspannen
Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die beste Werbung. Mitarbeiterempfehlungsprogramme können dabei helfen, neue Azubis zu gewinnen: Ein Bonus für Angestellte, die Bewerberinnen und Bewerber empfehlen, stärkt nicht nur die Rekrutierung, sondern auch die Bindung der Belegschaft an den Betrieb.
Eine Unternehmenskultur, die Wertschätzung zeigt und den Austausch zwischen Generationen fördert, stärkt das Team und sichert das Wissen im Unternehmen. Mit gezielten Maßnahmen können Betriebe dem Fachkräftemangel begegnen und sich zukunftssicher aufstellen.
Quellenangaben
- kofa.de: Überblick Fachkräftemangel
- statistik.arbeitsagentur.de: Engpassanalyse
- Arbeitsagentur.de: Besetzungsprobleme im Handwerk führen zu sinkender Beschäftigung