Fachkräftemangel im Handwerk: Die besten Tipps, um neue Fachkräfte zu finden

Redaktion
Oleksandra Silik

Der hohe Fachkräftebedarf gehört zum Alltag vieler Unternehmen in Deutschland dazu – auch im Handwerk. Was steckt hinter dem Fachkräftemangel im Handwerk und wie können Betriebe trotzdem Personal gewinnen? Wir beleuchten aktuelle Entwicklungen und liefern praktische Tipps.

Die Besetzung offener Stellen ist für viele Unternehmen längst eine große Herausforderung. Die Folgen: verzögerte Abläufe, gefährdete Aufträge und eine überforderte Belegschaft. Gleichzeitig erschwert der Nachwuchsmangel die Zukunftsplanung vieler Betriebe. Der Druck wächst, doch es gibt Strategien, um dem entgegenzuwirken.

Fachkräftemangel in Deutschland: Aktuelle Zahlen

Der Fachkräftemangel in Deutschland belastet seit Jahren die Wirtschaft und bremst vielerorts das Wachstum. Nach Angaben der IW-Fachkräftedatenbank gab es 2024 insgesamt 1.243.510 offene Stellen, von denen 487.029 rechnerisch nicht besetzt werden konnten. Betroffen sind vor allem die Schlüsselbranchen: Soziales, Gesundheit, Handwerk und Technik. Besonders gefragt sind Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung, auf die über die Hälfte aller offenen Stellen (64,7 Prozent) entfällt.

Doch auch hier hapert es: Es wird immer schwieriger, Nachwuchs zu gewinnen. Die Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze hat sich seit 2014 fast verdoppelt – von 37.240 auf 69.395 im Jahr 2024.

Engpässe im Handwerk: Wo die Fachkräfte fehlen

Das Handwerk spürt die Auswirkungen des hohen Fachkräftebedarfs deutlich. „Aktuell gehen wir von rund 200.000 offenen Stellen im Gesamthandwerk aus“, sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH).

Laut der IW-Fachkräftedatenbank fehlen über 18.300 Fachkräfte in der Bauelektrik und mehr als 16.200 in Metall- und Elektroberufen wie der Kraftfahrzeugtechnik. Auch in anderen wichtigen Bereichen, etwa der Fleischverarbeitung, dem Gleisbau, der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie in der Augenoptik und Hörgeräteakustik sind die Engpässe gravierend.

Es gibt jedoch positive Entwicklungen: Denn die Zahl neuer Ausbildungsverträge im Handwerk ist in den vergangenen beiden Jahren gestiegen – entgegen dem Trend in der Gesamtwirtschaft, hebt Holger Schwannecke hervor. Ihm zufolge wurden 2024 über 131.000 neue Verträge abgeschlossen, auch dieses Jahr zeigt sich eine erfreuliche Tendenz. „Das zeigt, dass das Handwerk als Branche mit Zukunftsperspektiven wahrgenommen wird. Gerade in Zeiten von künstlicher Intelligenz und Automatisierung erkennen junge Menschen zunehmend den Wert handwerklicher Arbeit, nicht nur wegen der Sicherheit, sondern auch wegen der Möglichkeit, kreativ und sinnstiftend zu arbeiten. Handwerkliches Können wird auch absehbar nicht durch KI ersetzt werden können.“

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Ursachen des Fachkräftemangels: Warum entsteht der Mangel an Personal?

Warum fehlen qualifizierte Angestellte? Für den hohen Fachkräftebedarf im Handwerk sieht der Experte drei Hauptursachen:

  • den demografischen Wandel

  • die bildungspolitische Fokussierung auf akademische Laufbahnen

  • Passungsprobleme zwischen Betrieben und Jugendlichen

„Es gibt schlicht zu wenige Schulabgängerinnen und -abgänger, von denen wiederum zu viele immer noch das Abitur und ein anschließendes Studium als den Königs-Bildungsweg betrachten“, erklärt der ZDH-Generalsekretär. Gleichzeitig fehle es vielen Jugendlichen an den nötigen Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen, was den Ausbildungserfolg gefährde.

Um gegenzusteuern, fordert Schwannecke die Einführung von Diagnosesystemen, die Förderbedarfe frühzeitig erkennen und Kompetenzlücken noch vor dem Schulabschluss schließen sollen. Außerdem sei eine praxisnahe Berufsorientierung notwendig – auch an Gymnasien – sowie die gesetzliche Verankerung der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. So ließen sich "die beiden Wege auch gesetzlich-rechtlich endlich auf Augenhöhe bringen", sagt Schwannecke.

Daneben gibt es weitere Gründe für den Fachkräftemangel. Laut der Bundesagentur für Arbeit zählen dazu die zunehmende Automatisierung, die bestimmte Tätigkeiten verändert, regionale Unterschiede sowie die mangelnde Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber.

Die Arbeitgeberservices der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter unterstützen Betriebe bei der Suche nach passenden Fachkräften. Darüber hinaus beraten sie zu Themen rund um Qualifizierung, Weiterbildung und dem Nachholen von Berufsabschlüssen – über die kostenlose Hotline 0800 4 55 55 20 oder auf der Webseite der Arbeitgeber-Services.

Fachkräftemangel im Handwerk: So macht er sich im Alltag bemerkbar

Die Auswirkungen des hohen Fachkräftebedarfs sind im Betriebsalltag längst spürbar: „Termine verzögern sich, Wartezeiten werden länger und Aufträge müssen verschoben oder abgelehnt werden“, erklärt Holger Schwannecke. Für die Beschäftigten kann das teils eine Mehrbelastung bedeuten, um Auftragsspitzen bewältigten zu können.

Die Folgen treffen auch die Betriebe und Unternehmen selbst. Der hohe Fachkräftebedarf erschwert die Suche nach geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolgern, selbst für wirtschaftlich gesunde Betriebe und Unternehmen. „Schon jetzt ist ein stilles Sterben solcher Betriebe zu beobachten“, warnt der ZDH-Generalsekretär. „Damit droht, dass sich perspektivisch das Angebot handwerklicher Produkte und Dienstleistungen weiter verengt, was auch die Versorgung kritischer Infrastrukturen oder der täglichen Daseinsvorsorge gefährden kann.“

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Neue Fachkräfte für Ihren Betrieb: Praktische Maßnahmen

Um dem Fachkräftemangel erfolgreich zu begegnen, sollten Handwerksbetriebe gezielt handeln. Hier sind einige Ansätze, die sich in der Praxis bewährt haben:

  • Qualifizierung als Schlüssel

    Gezielte Aus-, Fort- und Weiterbildung sind ein entscheidender Hebel, um dem hohen Fachkräftebedarf entgegenzuwirken. Flexible Modelle wie Teilqualifizierungen, Umschulungen oder Anpassungsweiterbildungen eröffnen einen vielseitigen Zugang zum Handwerk, betont Holger Schwannecke: „Es gibt zahlreiche Programme, die Betriebe dabei unterstützen, Fachkräfte zu gewinnen und zu sichern. Etwa die betriebliche Einstiegsqualifizierung, die junge Menschen auf eine Ausbildung vorbereitet, oder die Assistierte Ausbildung (AsA) als ausbildungsbegleitende Unterstützung. Auch das ehrenamtliche Mentorenprogramm VerAplus leistet einen wichtigen Beitrag, die Ausbildungsqualität zu verbessern und so Auszubildende erfolgreich im Betrieb zu halten.“

  • Arbeitsbedingungen, die überzeugen

    Wer heute Fachkräfte gewinnen will, muss mehr bieten als nur einen sicheren Job. Flexible Arbeitszeiten wie Gleitzeit oder eine Vier-Tage-Woche können gerade für viele junge Menschen ein wichtiger Pluspunkt sein. Dazu kommen faire Bezahlung und Extras wie Zuschüsse zur Kinderbetreuung oder ein Deutschlandticket – kleine Gesten, die Wertschätzung vermitteln.

    Entscheidend sind auch Entwicklungsmöglichkeiten: Mentoring-Programme und Weiterbildungen fördern nicht nur das persönliche Wachstum, sondern stärken auch die Bindung an den Betrieb. Und wer langfristige Perspektiven wie den Meisterbrief oder Führungspositionen aufzeigt, punktet doppelt.

  • Internationale Fachkräfte rekrutieren

    Der Blick über die Landesgrenzen eröffnet Potenzial. „Das novellierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz schafft gute Möglichkeiten, gezielt qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen“, sagt Schwannecke. „Unsere Handwerkskammern und Verbände stehen den Betrieben hier beratend und unterstützend zur Seite, in einigen Fällen mit eigenen Projekten zur Rekrutierung von Auszubildenden und Fachkräften.“

Auf dem Portal „Make it in Germany“ der Bundesregierung finden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber umfassende Informationen zur Gewinnung und Integration internationaler Fachkräfte – von Visum und Einreise bis zur Berufsanerkennung. Leitfäden, Checklisten und Tools unterstützen Sie dabei rechtssicher und praxisnah.

Fachkräftemangel im Handwerk vorbeugen: Tipps für erfolgreiches Ausbildungsmarketing

Die Ausbildung junger Menschen ist eine der nachhaltigsten Lösungen gegen den Fachkräftemangel. Doch wie überzeugt man die Gen Z von einer Karriere im Handwerk? Ob online oder offline: Mit einem modernen Ausbildungsmarketing können Betriebe und Unternehmen ein attraktives Image vermitteln und Talente anziehen.

Mit Schulen kooperieren und Praktika anbieten

Eine enge Zusammenarbeit mit Schulen durch Projektwochen, Bewerbungstrainings oder Schnuppertage bringt Betriebe direkt in Kontakt mit potenziellen Azubis. „Wer junge Menschen erreichen will, muss sichtbar sein, am besten frühzeitig schon in der Kita oder Schule“, sagt Holger Schwannecke. „Viele Jugendliche entscheiden sich nach einem Praktikum für eine Ausbildung, weil sie die Arbeit im Betrieb erleben konnten.“

Ausbildungsmessen besuchen – auch digital

Ausbildungsmessen sind eine wichtige Plattform, um mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Online-Formate wie „Bestjobever“ oder den digitalen Messestand zur Berufsorientierung der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main bieten zusätzliche Reichweite.

Social Media gezielt einsetzen

Das Handwerk bietet längst moderne Technik, abwechslungsreiche Aufgaben und echte Karrierechancen. Genau das sollten Betriebe zeigen. „Authentische Einblicke in den Berufsalltag auf Plattformen wie Instagram oder TikTok schaffen Nähe und wecken Interesse“, lautet der Tipp des ZDH-Generalsekretärs.

Kurze Videos zum Betriebsablauf oder Vorher-Nachher-Bilder von Projekten kommen besonders gut an. Noch besser: Lassen Sie Ihre Azubis selbst Inhalte erstellen – das wirkt authentisch und spricht Gleichaltrige direkt an.

Online-Bewerbung ermöglichen

Die Gen Z ist digital und sucht auch online nach Ausbildungsplätzen. Eine unkomplizierte Bewerbung per E-Mail oder über ein einfaches Online-Formular ist daher erfolgversprechend. „Auch eine Ausbildungs- und Karriereseite auf der Betriebshomepage mit der Möglichkeit, sich niedrigschwellig zu bewerben, ist ein erfolgversprechender Ansatz“, empfiehlt Holger Schwannecke.

Interaktive Elemente wie ein Quiz zum Ausbildungsberuf oder zu den persönlichen Stärken und Schwächen können zusätzlich spielerisch Interesse wecken.

Eigene Angestellte einspannen

Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die beste Werbung. Mitarbeiterempfehlungsprogramme können dabei helfen, neue Azubis zu gewinnen: Ein Bonus für Angestellte, die Bewerberinnen und Bewerber empfehlen, stärkt nicht nur die Rekrutierung, sondern auch die Bindung der Belegschaft an den Betrieb.

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Im Arbeitsalltag tauchen immer wieder neue Fragen auf. Moderator Kay Holm widmet sich in unserem Podcast einmal im Monat diesen Themen.

Erfolgreich ältere Fachkräfte anwerben

Neben jungen Talenten bieten ältere Fachkräfte – sogenannte Best Ager – eine wertvolle Verstärkung für jedes Team. Sie bringen Erfahrung, Zuverlässigkeit und oft auch ein großes Netzwerk mit. So sprechen Sie sie gezielt und erfolgreich an:

  • Flexibilität und ein familienfreundliches Umfeld sind wichtig für die Work-Life-Balance. Teilzeitmodelle oder individuell gestaltete Arbeitszeiten sowie eine gesunde Pausenkultur können entscheidend sein.

  • Auch ergonomische Arbeitsplätze – etwa höhenverstellbare Tische oder rückenfreundliche Sitzmöglichkeiten – sind wichtig, um gesundheitliche Belastungen zu reduzieren und Fehlhaltungen vorzubeugen.

  • Betriebliche Gesundheitsprogramme wie Rückenschulungen, Fitnesskurse oder Entspannungsangebote tragen dazu bei, das Wohlbefinden zu steigern. Eine betriebliche Altersvorsorge schafft zusätzlich Vertrauen und Sicherheit.

  • Workshops, Schulungen und Weiterbildungen – etwa im Bereich neuer Technologien und Digitalisierung – halten Fachkräfte auf dem neuesten Stand und stärken ihre Begeisterung für das Berufsfeld.

Eine Unternehmenskultur, die Wertschätzung zeigt und den Austausch zwischen Generationen fördert, stärkt das Team und sichert das Wissen im Unternehmen. Mit gezielten Maßnahmen können Betriebe dem Fachkräftemangel begegnen und sich zukunftssicher aufstellen.

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Oleksandra Silik

Veröffentlicht am 29.10.2025

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