Wie viel Alkohol ist zu viel? Infos, Langzeitfolgen und Tipps für ein gesundes Leben

Redaktion
Kevin Schuon

Ein Wein zum Abendessen oder ein Feierabendbier nach getaner Arbeit: Lange Zeit galt ein Glas Alkohol am Tag als unbedenklich. Doch inzwischen weiß man es besser: Jeder Tropfen schadet der Gesundheit.

Geburtstag, Silvesterparty oder zum Feierabend im Kreise der Kolleginnen und Kollegen: Für viele Menschen gehört in diesen Situationen Alkohol einfach dazu. Er steht für Genuss, Entspannung, Spaß und Geselligkeit.

Doch wo hört der Spaß auf und wann fängt ein Alkoholkonsum an, problematisch zu werden? Wir gehen der Frage mit Hilfe einer Expertin nach.

Der Einfluss von Alkohol in Deutschland

In vielen Studien zum Thema Alkoholkonsum wird Deutschland als „Hochkonsumland“ bezeichnet. Was heißt das?

Im Durchschnitt trinkt ein Mensch (ab 15 Jahren) in Deutschland laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen jedes Jahr mehr als 10 Liter reinen Alkohol. Zum Vergleich: Ein 0,5 Liter großes Bier beinhaltet etwa 25 Milliliter reinen Alkohol. Das bedeutet: Jede Person in Deutschland trinkt etwa 200 Liter Bier – und das jedes Jahr. Das ist fast doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt. Der liegt bei 5,5 Litern reinem Alkohol.

„Anders als Rauchen oder Drogenkonsum ist Alkohol in unserer Gesellschaft weiterhin akzeptiert“, sagt Prof. Dr. Jennis Freyer-Adam von der Abteilung für Präventionsforschung und Sozialmedizin der Universitätsmedizin Greifswald. Alkohol hat hierzulande eine starke Lobby und ist omnipräsent: im Alltag, in Freundes- und Bekanntenkreisen, in der Werbung, in Filmen und Serien oder in den sozialen Medien. Das erzeugt einen starken Konsumdruck.

Das Problem: Viele Risiken werden oftmals unterschätzt oder gar nicht wahrgenommen. Laut aktuellem Stand sterben jedes Jahr allerdings rund 50.000 Menschen in Deutschland durch Alkoholkonsum.

Alkohol-Mythen auf dem Prüfstand

Rund um das Thema Alkohol gibt es zahlreiche Sprichwörter und auch Mythen. Etwa, dass ein Glas Rotwein pro Woche nachweislich gesund sei. Das stimmt jedoch nicht, betont Prof. Freyer-Adam.

In den vergangenen Jahren haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler alte Studien, die einen positiven Effekt von geringen Alkoholmengen nachwiesen, noch einmal untersucht. Dabei kam heraus, dass diese Studien gravierende Mängel hatten und deshalb falsch interpretiert wurden.

Daraufhin wurden die Ergebnisse neu ausgewertet. „Diese überzeugenden Befunde zeigen, dass es keinen positiven Effekt von Alkoholkonsum für die Gesundheit gibt“, so die Expertin.

Die Auswirkungen von Alkohol auf Körper und Geist

Wenn wir Alkohol trinken, wird er innerhalb weniger Minuten über die Schleimhäute im Mund, Magen und vor allem im Darm in den Blutkreislauf aufgenommen – und gelangt so in alle Organe des Körpers. Wenn der Magen leer ist, geht das übrigens besonders schnell. Bis der Alkohol im Gehirn angelangt ist, vergehen rund fünf Minuten.

Der Alkoholeinfluss äußert sich zwar bei jeder Person unterschiedlich. Das hängt unter anderem von Geschlecht, Größe, Gewicht, Trinkgewohnheiten oder der Tagesform ab. Doch die Auswirkungen sind immer ähnlich:

Gestörte Wahrnehmung: Der Alkohol verlangsamt die Weitergabe von Informationen zwischen den Zellen. Denkprozesse laufen langsamer ab. Die Reaktionszeit nimmt ab. Die Koordination wird schwieriger.

Stimmungsschwankungen: Alkohol beeinflusst die Ausschüttung von Glückshormonen wie Dopamin oder Serotonin. Deshalb fühlen wir uns zunächst besser und entspannter. Große Mengen bringen das Belohnungszentrum jedoch aus dem Gleichgewicht. Deshalb fühlen wir uns in den folgenden Tagen meist schlecht.

Diese Gefühlslage wird inzwischen auch als „Hangxiety“ bezeichnet. Der Begriff setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern „Hangover“ (Kater) und „Anxiety“ (Angstzustand). Im Gegensatz zum „normalen“ Kater geht es dabei um den mentalen Aspekt. Nach einer durchzechten Nacht fühlen wir uns oft antriebslos und mit dem Leben überfordert. Bei manchen Menschen kommt es sogar zu Panikattacken.

Was ist eine Alltagsdroge?

Sogenannte Alltagsdrogen sind legal erhältliche psychoaktive Substanzen. Dazu zählen unter anderem Alkohol, Koffein und Nikotin, aber auch Medikamente und inzwischen Cannabis. In klarer Abgrenzung dazu umfasst der Begriff "illegale Drogen" sämtliche vom Gesetzgeber verbotenen Stoffe.

Der Begriff Volksdroge ist wiederum umgangssprachlich und bezeichnet legale Konsumgüter mit psychoaktiver Wirkung in einem bestimmten Kulturkreis.

Wie wird Alkohol abgebaut – und wie entsteht ein Kater?

30 bis 60 Minuten nachdem wir das letzte Glas getrunken haben, ist die Alkoholkonzentration im Blut am höchsten. Danach baut der Körper den Alkohol langsam wieder ab. Wer weitertrinkt, hält den Pegel hoch oder steigert ihn immer weiter.

Ein geringer Teil des Alkohols wird ausgeatmet, ausgeschwitzt oder durch den Urin ausgeschieden. Der Großteil (etwa 90 Prozent) wird jedoch in der Leber abgebaut. Sie reinigt den ganzen Tag immer und immer wieder unser Blut. 350- bis 500-mal pro Tag fließt unser gesamtes Blutvolumen durch sie hindurch. Dabei werden pro Stunde etwa 0,1 Promille Alkoholkonzentration abgebaut.

Das heißt: Bis der Alkoholgehalt von 0,5 Litern Bier abgebaut ist, vergehen etwa 2 bis 3 Stunden. „Für den Abbau von 1,0 Promille braucht die Leber etwa zehn Stunden“, verdeutlicht Prof. Freyer-Adam. Das entspricht etwa 0,5 Litern Wein bei einer Frau oder 1,7 Litern bei einem Mann. Diesen Abbauprozess kann man nicht beschleunigen.

Bei dem Vorgang entstehen giftige Abbauprodukte wie Acetaldehyd. Das sorgt dafür, dass es einem am nächsten Tag schlecht geht. Alkohol entzieht dem Körper außerdem viel Wasser und reizt die Magen- und Darmschleimhaut. Das führt zu Kopfschmerzen und Übelkeit am folgenden Tag.

Bewusster Umgang mit Alkohol

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Bin ich alkoholsüchtig? Symptome von Alkoholismus

Einen unproblematischen oder risikofreien Konsum von Alkohol gibt es nicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Deutsche Hauptstelle für Sucht und Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) haben diesbezüglich neue Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol veröffentlicht. Jeder Tropfen schadet der Gesundheit – und trägt dazu bei, dass sich Krankheiten entwickeln können.

Früher gab es die Richtlinie, dass Männer maximal 24 Gramm und Frauen 12 Gramm reinen Alkohol pro Tag zu sich nehmen können. Das gilt jedoch als überholt. Heute weiß man: „Je mehr Alkohol man konsumiert, desto höher ist das Risiko für die Entwicklung von mehr als 200 Erkrankungen“, sagt Prof. Freyer-Adam. Dazu gehören zahlreiche Volkskrankheiten wie zum Beispiel DarmkrebsBrustkrebsDepressionen oder Demenz. Auch das Risiko für Schlaganfälle steigt.

Etwa 8 Millionen Erwachsene (zwischen 18 und 64 Jahren) in Deutschland konsumieren Alkohol laut Jahrbuch Sucht in einer gesundheitlich riskanten Form. Bei weiteren 9 Millionen liegt ein problematischer Konsum vor.

Der Weg vom Feierabendbier in die Abhängigkeit kann dabei oft kürzer sein, als viele denken. Wer jeden Abend trinkt, erhöht die Wahrscheinlichkeit, süchtig zu werden. Wer bereits in jungen Jahren damit anfängt, ist zudem besonders gefährdet, eine Abhängigkeit zu entwickeln. Im Durchschnitt trinken Jugendliche in Deutschland das erste Mal mit 15 Jahren – und damit also, bevor sie es überhaupt dürften.

Doch ab wann gilt der Konsum als problematisch? Dafür gibt es keine festgelegte Definition. Symptome, die für eine Alkoholsucht sprechen:

  • Das Verlangen nach Alkohol wird immer stärker. Auch, wenn man gerade nicht trinkt.

  • Die konsumierte Menge nimmt immer stärker zu oder man verträgt immer mehr Alkohol.

  • Ohne Alkohol machen sich Entzugserscheinungen oder -symptome bemerkbar.

  • Durch den Alkoholkonsum setzen Sie sich oder andere Gefahren aus.

  • Obwohl der Konsum bereits zu Problemen oder Konflikten im Privatleben oder Beruf geführt hat, wird immer weiter getrunken.

  • Das Interesse an Dingen, die nichts mit Alkohol zu tun haben, nimmt ab.

  • Pflichten werden vernachlässigt.

  • Die Kontrolle über das Konsumverhalten nimmt stetig ab oder geht komplett verloren.

Unterstützung bei Abstinenz

Nach einem stationären Aufenthalt, etwa aufgrund von Alkoholabhängigkeit, erhalten Sie Hilfe mit der App-gestützten Nachsorge von mentalis.

Langzeitfolgen von Alkoholkonsum:

Alkohol ist ein Zellgift, das jedes Organ im Körper angreift. Es ist wissenschaftlich belegt, dass Alkohol Krebs verursachen kann. Dazu gehören Darmkrebs, Leberkrebs oder auch Brustkrebs. Die häufigste Todesursache in Verbindung mit Alkohol sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Das Risiko steigt mit zunehmendem Alkoholkonsum: Je mehr jemand im Laufe seines Lebens trinkt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass dadurch gesundheitliche Schäden entstehen. Fachleute schätzen, dass mindestens 30 gesundheitliche Probleme ohne Alkoholkonsum gar nicht erst auftreten würden.

Dazu gehören:

  • Alkoholische Lebererkrankung (Leberzirrhose)

  • Fetale Alkoholspektrum-Störungen oder FASD: Behinderungen, die durch den Alkoholkonsum in der Schwangerschaft verursacht werden

  • Alkoholische Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse)

  • Alkoholvergiftung

Auch das Verletzungsrisiko sei nicht zu unterschätzen, betont die Expertin. Immerhin gab es 2023 mehr als 15.000 Verkehrsunfälle mit Personenschäden unter Alkoholeinfluss. Dazu fast 40.000 Gewaltstraftaten und viele weitere Unfälle oder Verletzungen, die nicht in die Statistik einfließen.

Was bringt ein Alkoholverzicht?

Viele Menschen nehmen sich vor, weniger oder gar keinen Alkohol zu trinken. Andere verzichten für einen gewissen Zeitraum darauf. Häufig zu Jahresbeginn, das ist der sogenannte „Dry January“, oder zur Fastenzeit vor Ostern. Eine Wohltat für den Körper.

Von der Abstinenz profitieren alle Organe. Vor allem die Leber, die beim Abbauen von Alkohol unter Hochdruck arbeitet, und das Herz können sich erholen. Wenn sie ständig Alkohol abbauen muss, lagert die Leber ihn in Form von Fett ein – und wird krank. Das wird auch „Fettleber“ genannt. Wenn Sie aufhören, Alkohol zu konsumieren, bildet sich das Fett langsam wieder zurück. Bereits nach einem Monat lassen sich Fortschritte erkennen.

Zudem bringt der Verzicht viele weitere Vorteile mit sich:

  • Tieferer und ruhiger Schlaf: Alkohol lässt uns unruhig schlafen.

  • Gewichtsreduktion: Alkohol hat viele Kalorien und fördert Heißhungerattacken.

  • Niedrigerer Blutdruck: Alkohol lässt den Blutdruck in die Höhe schießen.

  • Bessere Haut: Alkohol entzieht dem Körper Wasser und trocknet so unter anderem die Haut aus. Das fördert Falten, Augenringe, Pickel und Mitesser.

  • Mehr Energie: Alkohol beeinflusst das Belohnungssystem im Gehirn. Durch den Verzicht erholt es sich – und die gute Laune wird angekurbelt.

Auch, um die eigenen Trinkgewohnheiten zu hinterfragen, ist Alkoholfasten eine gute Möglichkeit. Häufig trinken wir zu bestimmten Anlässen oder aus Routine, ohne bestimmten Grund. Der Verzicht gibt einem die Chance, diesen sorglosen Konsum zu durchbrechen und zu überlegen, ob er wirklich sein muss.

Was tun, wenn Sie bei Kollegen ein Alkoholproblem vermuten?

Im Rahmen der IKK BGM-Angebote für Betriebe unterstützt die IKK classic auch bei Suchtfragen.

Wie viel Alkohol ist zu viel? Tipps für den Umgang mit Alkohol

Grundsätzlich gilt: Je weniger Sie trinken, desto besser. „Die Empfehlung ist, möglichst keinen Alkohol zu konsumieren“, sagt Prof. Freyer-Adam. Und wenn, „dann so wenig wie möglich“.

Es gibt ein paar Tipps, die dabei helfen, den Alkoholkonsum deutlich zu reduzieren:

  • Löschen Sie den Durst niemals mit alkoholischen Getränken. Dafür eignen sich am besten Wasser oder ungesüßte Tees. Das spart auch unnötige Kalorien.

  • Langsam trinken: Wer schnell trinkt, wird häufig von der Wirkung des Alkohols überrascht. Ein weiterer Vorteil: Wenn Sie langsam trinken, haben Sie ein Glas auf dem Tisch – und bekommen nicht gleich ein neues aufgedrängt.

  • Alkoholfreie Alternativen: In vielen Bars und Restaurants gibt es eine große Auswahl an alkoholfreien Mixgetränken.

  • Gelegenheiten vermeiden: Wenn Sie keinen Alkohol zu Hause haben, geraten Sie auch nicht so schnell in Versuchung.

  • Viel trinken: und zwar alkoholfreie Getränke. Auch, wenn Sie ein Glas Wein oder Bier trinken, sollten Sie nebenher oder zwischendurch regelmäßig Wasser trinken.

  • Selbstwahrnehmung: Trinken Sie niemals aus Frust, Langeweile, Traurigkeit oder gegen den Stress. Greifen Sie nicht zum Alkohol, um in Feierlaune zu kommen.

Wenn Sie merken, dass Ihr Konsum außer Kontrolle gerät, sollten Sie sich frühzeitig Hilfe suchen oder mit Vertrauten darüber sprechen. Denn umso früher eine Abhängigkeit behandelt wird, desto einfacher ist es in der Regel, gegen sie anzukämpfen.

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IKK classic

Veröffentlicht am 18.06.2025

Quellenangaben

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