Den Schulabschluss hast du in der Tasche – jetzt steht mit einer spannenden Ausbildung der nächste Schritt an! Spätestens wenn deine erste Gehaltsabrechnung ins Haus flattert, wirst du dich wohl oder übel auch mit dem Thema Steuer befassen. Denn du fragst dich wahrscheinlich: Wohin verschwindet eigentlich so ein großer Anteil meiner Ausbildungsvergütung?
Mit Begriffen wie Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge oder Steuerfreibetrag hattest du bisher vielleicht nicht viel am Hut, aber sie spielen für deine Ausbildung und dein späteres Arbeitsleben eine wichtige Rolle. Deswegen erklären wir dir in diesem Artikel, was eine Steuererklärung eigentlich ist, was du beachten musst – und natürlich, ob sich eine Steuererklärung für Auszubildende überhaupt lohnt. Kleiner Spoiler: Du kannst nur gewinnen!
Beim Thema Steuererklärung denkst du an Papierkrieg und stapelweise Rechnungen? Klar, es gibt Spannenderes, aber: Mit ein paar einfachen Tricks ist das gar nicht so schwer. Wir erklären dir, wie du einen Teil deiner gezahlten Steuern schnell und unkompliziert vom Staat zurück bekommst.
Warum kannst du Steuern zurückfordern?
Zum Ausbildungsstart freust du dich bestimmt vor allem auf eines: das erste eigene Gehalt. Doch beim Blick auf den ersten Lohnzettel folgt die Ernüchterung: Solltest du nicht mehr bekommen? Spätestens dann merkst du nämlich, was den Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Gehalt ausmacht.
Bei den Gehaltsgesprächen legst du gemeinsam mit deinem Ausbildungsbetrieb deinen Brutto-Lohn fest. Brutto bedeutet hier, dass es sich um die Summe vor allen Abzügen handelt. Denn: Du zahlst Steuern und Abgaben. Dazu zählen zum einen die gesetzlichen Sozialabgaben für Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Zum anderen führt dein Arbeitgeber automatisch die Lohnsteuer und gegebenenfalls die Kirchensteuer an das Finanzamt ab.
Was ist der Grundfreibetrag?
Eine Ausnahme gibt es: den Grundfreibetrag. Verdienst du im Jahr insgesamt nicht über 9.744 Euro brutto (Stand: 2021), befindest du dich im sogenannten Steuerfreibetrag. Das heißt: Du musst keine Abgaben für Lohn- und Kirchensteuer leisten. Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung musst du allerdings auch unterhalb der Steuerfreigrenze zahlen – nur Minijobs sind davon ausgenommen. Auch wenn das Netto-Gehalt unter dem Grundfreibetrag liegt, landet also weniger Geld auf deinem Konto als der vereinbarte Brutto-Lohn.
Wie kannst du Steuern zurückholen?
Aber keine Sorge: Über die Steuererklärung kannst du dir einiges von deinen Abgaben wieder zurückholen. In den meisten Fällen bekommst du Lohnsteuer und Kirchensteuer sogar in voller Höhe zurück! Das gilt aber natürlich nur, wenn dein Gehalt über dem Grundfreibetrag liegt – denn nur dann fallen diese Steuern überhaupt an. Die Steuererklärung zeigt dann, ob du in einem Jahr zu wenig oder zu viel Steuern gezahlt hast.
Ist die Steuererklärung für dich verpflichtend?
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Steuererklärung Pflicht. Das kommt aber – vor allem bei Azubis – selten vor. Ein Grund für die Steuererklärungspflicht kann sein, dass du neben deiner Ausbildung jährlich mehr als 410 Euro verdienst, die nicht im Lohnsteuerabzug enthalten sind. Weitere Gründe kannst du auf der Website des Lohnsteuerberatungsverbunds nachlesen.
Ist die Steuererklärung für dich freiwillig, kannst du sie auch noch bis zu 4 Jahre rückwirkend einreichen. Warum sich das auch für Azubis lohnen kann: In einer Steuererklärung kannst du Werbungskosten geltend machen, die deine Steuerlast mindern – was wiederum dein Geld-zurück-Potenzial steigen lässt.
Was du als Azubi über Werbungskosten wissen solltest
Das Prinzip der Werbungskosten: Je mehr du in deine Aus- und Fortbildung investierst, desto mehr Geld verdienst du in der Zukunft – und umso mehr Steuern wirst du dann auch an den Staat zahlen. Das Absetzen der Kosten deiner Ausbildung ist so gesehen also ein kleines Vorab-Dankeschön des Staates für deine zukünftigen Dienste. Hebe deshalb Belege und Rechnungen unbedingt auf, um diese Kosten nachweisen zu können. Zwar musst du die Belege seit 2017 nicht mehr zwingend beifügen, auf Anfrage des Finanzamtes solltest du deine Werbungskosten jedoch nachweisen können.
Das Finanzamt berücksichtigt bei der Berechnung deiner Steuern automatisch einen Werbungskostenpauschbetrag von 1.000 Euro. Erst wenn deine Ausgaben diesen Betrag übersteigen, lohnt sich also eine Steuererklärung. Dann werden nämlich deine Werbungskosten von dem Einkommen, das du versteuern musst, abgezogen. Deine Steuerlast sinkt und die zu viel gezahlten Steuern bekommst du vom Staat zurück.
Beachte hierbei die Absatzgrenzen:
Befindest du dich in deiner Erstausbildung, darfst du nur Werbungskosten ansetzen, wenn du in deiner Ausbildung Geld verdienst. Bekommst du keine Vergütung, zum Beispiel in einer schulischen Ausbildung, kannst du lediglich bis zu 6.000 Euro deiner Ausbildungskosten als Sonderausgaben absetzen – allerdings nur, wenn du im selben Jahr auch steuerpflichtige Einkünfte hast, etwa aus Kapitaleinnahmen.
Hast du bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung und befindest dich in deiner Zweitausbildung, darfst du dagegen die Werbungskosten unabhängig von deinem Einkommen von der Steuer absetzen.
Mit einem Verlustvortrag zukünftige Steuern sparen
Auch wenn du weniger als 9.744 Euro verdient und somit keine Steuern gezahlt hast, kann sich eine Steuererklärung für dich lohnen: über den sogenannten Verlustvortrag. Dabei rechnest du alle deine Einkünfte und Ausgaben während der Ausbildung gegeneinander auf – hier zählen die gleichen Posten wie bei den Werbungskosten. Übersteigen diese Kosten deine Einnahmen, hast du einen steuerlichen Verlust gemacht. Diesen Verlust darfst du dir vormerken und dann in einer späteren Steuererklärung mit deinem zu versteuernden Einkommen verrechnen.
Das klingt kompliziert? Hier ein Rechen-Beispiel:
Einnahmen:
Du verdienst im Jahr 2020 9.000 Euro (also nicht mehr als 9.744 Euro).
Ausgaben:
Du hattest im Jahr 2020 Ausgaben von 10.000 Euro, z.B. für die Anschaffung eines neuen Laptops, für Nachhilfe, für Arbeitskleidung, für Fahrtkosten, für Kontoführungskosten.
Verlustvortrag:
Ziehst du deine Ausgaben (10.000 Euro) von deinen Einnahmen (9.000 Euro) ab, ergibt sich ein Verlust von 1.000 Euro.
Diesen Verlust von 1.000 Euro kannst du bei deiner kommenden Steuererklärungen von deinem zu versteuernden Einkommen abziehen. Um deinen Verlustvortrag der vergangenen Jahre anzugeben, wählst du das Feld „Erklärung zur Feststellung des Verlustvortrags“ aus.
Steuererklärung in nur 30 Minuten – was können Steuer-Apps?
Mittlerweile wimmelt es in den App-Stores nur so von smarten Helfern, mit denen sich die Steuererklärung fast wie von selbst erstellen soll. Dabei nutzt der Großteil der Apps auch ELSTER als Schnittstelle zur Übermittlung der Daten an das Finanzamt – der wesentliche Unterschied liegt lediglich in der vereinfachten Benutzeroberfläche. Das setzt allerdings in den meisten Fällen voraus, dass auch die eigene Steuererklärung einfach und standardgemäß ausfällt.
Bist du beispielsweise nebenher gewerbetreibend, können einige Smartphone-Apps nicht mithalten. Und mit einigen Turtorial-Videos und ein bisschen Internetrecherche lässt sich eine Steuererklärung auch simpel, eigenständig und kostenfrei in ELSTER erstellen. Wenn du aber einfach etwas zusätzliche Motivation brauchst und dir ein intuitiveres Handling wünschst, bieten diese Apps durchaus wertvolle Unterstützung. Die Kosten für die Apps lassen sich in der Regel auch einfach von der Steuer absetzen.
Fazit: Die Steuererklärung lohnt sich – auch für Azubis
Fest steht: Mit einer Steuererklärung können sich Azubis Steuerabzüge ihrer hartverdienten Ausbildungsvergütung zurückholen und sich über den Verlustvortrag sogar Sparpotenziale für die Zukunft sichern. Du hast also nichts zu verlieren – sondern gewinnst in den meisten Fällen sogar ordentlich Geld. Ob du nun eine App wählst, die dich Schritt für Schritt unterstützt, oder deine Daten auf eigene Faust im ELSTER-Portal einträgst, bleibt dir überlassen. Wenn du dich beim ersten Mal noch unsicher fühlst, kannst du auch ein Familienmitglied, eine Kollegin oder einen Kollegen um Hilfe bitten. Einige Berufsschulen und Bildungsträger bieten außerdem (Online-)Kurse an, die dich kostenlos auf die Steuererklärung vorbereiten. Auch Lohnsteuerhilfevereine können dich bei der Steuer unterstützen.
Und: Spätestens nach der Ausbildung freust du dich, dass du bereits Steuerprofi bist. Denn dann bekommst du mehr Gehalt und hast deshalb mehr steuerliche Abgaben.